Der Erbe kann den Pflegefreibetrag auch in dem Fall beanspruchen, wenn der Erblasser zwar pflegebedürftig, aber aufgrund eigenen Vermögens im Einzelfall nicht unterhaltsberechtigt war. Die Klägerin und Miterbin ihrer Mutter hatte letztere über Jahre und auf eigene Kosten gepflegt. Das zuständige Finanzamt wollte ihr den Pflegefreibetrag nach §13 Abs. 1 Nr. 9 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe von 20.000 Euro nicht zugestehen. Gegen diese Verwaltungsauffassung hat die Tochter Klage erhoben und der BFH zugunsten der Klägerin geurteilt.
Auslegung des Pflegebegriffs ist ausschlaggebend
Der Pflegebegriff ist weit auszulegen und “erfasst die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person”. Eine Pflegebedürftigkeit gemäß § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB XI a.F.) sowie die Zuordnung zu einer Pflegestufe nach §15 Abs. 1 S. 1 SGB XI a.F. ist hierfür nicht erforderlich. Der genaue Freibetrag ist je nach Umstand des Einzelfalls zu bestimmen. Zur Ermittlung des Betrags können Vergütungssätze von Berufsträgern als Vergleichsgröße herangezogen werden. Handelt es sich wie im vorliegenden Fall um eine langjährige, intensive Pflege, kann der Freibetrag auch ohne Vorlage eines Einzelnachweis gewährt werden. Das Urteil des BFH hat große Praxisrelevanz bezüglich Schenkungen und Erbfällen, da die Finanzverwaltung diesen Freibetrag bisher nicht gewährte. (kk)
BFH, Urteil vom 10.05.2017, Az.: II R 37/15
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